Die IG Metall in einer neuen Zeit

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Auf dem 24. Ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall haben die Delegierten das Manifest mit dem Titel "Miteinander für morgen. Die IG Metall in einer neuen Zeit" als Resolution verabschiedet. Es zeigt auf: Wir können die Transformation gestalten – sozial, ökologisch und demokratisch.

 

Die Ausgangslage ist klar ― und komplex: Der globale Weltmarkt wird konfliktreicher, die Technologie immer leistungsfähiger, Klimaschutz immer dringender. Fakt ist: Die gewaltigen Veränderungen treffen mit Wucht auf die Betriebe im Land. Es geht um einen grundlegenden Wandel, um nichts weniger als eine Transformation unserer Wirtschaft, unserer Lebens- und Arbeitswelt.

Das Manifest "Miteinander für morgen. Die IG Metall in einer neuen Zeit", das von den Delegierten des 24. Ordentlichen Gewerkschaftstags in Nürnberg als Resolution verabschiedet wurde, soll Kompass in einer Zeit der tiefgreifenden Veränderung sein. Und aufzeigen, wie die Transformation gestaltet werden kann – sozial, ökologisch und demokratisch.

Dynamisch, kreativ und zerstörerisch war der Kapitalismus immer. Unsere Mitglieder produzieren für Märkte und Menschen rund um die Welt. Wir wissen um die Chancen von internationaler Arbeitsteilung und weltweitem Handel, wir erleben als Verbraucherinnen und Verbraucher die Vorteile neuer Produkte, Dienste und Möglichkeiten.

Wir spüren in unseren Betrieben allerdings auch den Wettlauf mit Menschen und Unternehmen in aller Welt. Wir erleben Dumping, Druck, Verlagerungen, Nachfrageschwankungen, Handelskonflikte und den neuen Wettlauf mit intelligenten Maschinen und künstlicher Intelligenz. Und während wir immer bessere Autos und Flugzeuge, Stahlprodukte, Maschinen und Anlagen bauen, erleben wir die Hitzerekorde, Flutkatastrophen und Dürresommer des Klimawandels.
Wir fordern eine soziale Transformation
Das Manifest macht klar: Die Transformation ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Seine Kosten und Lasten dürfen nicht alleine von denen getragen werden, die direkt betroffen sind. Dafür brauchen wir staatliches Handeln, das Industrie-, Struktur-, Arbeitsmarkt-, Familien- und Bildungspolitik zusammen denkt.

Wir brauchen, das führt das Manifest aus, einen aktiven demokratischen Staat, der investiert, Regeln bestimmt, Dumping verhindert, Regionen nicht alleine lässt und Beschäftigten die Zeit, das Geld und die Möglichkeiten bietet, die sie brauchen, um den Wandel für sich zu nutzen. Wir lassen, das stellt das Manifest klar, nicht zu, dass solche Risiken auf die Einzelnen abgewälzt werden. Wir fordern, dass sich Arbeitgeber und Politik ihrer sozialen Verantwortung stellen. Die Transformation ist eine historische und gesellschaftliche Aufgabe, bei der Politik, Unternehmen und Beschäftigte im Rahmen der Sozialpartnerschaft auch zusammenarbeiten müssen. Sie gelingt nicht von alleine durch den freien Markt.

Unsere Maßgabe, das macht das Manifest klar, ist: Wir gestalten den Wandel aktiv mit, indem wir im Betrieb konsequent mitbestimmen und mit den Arbeitgebern Tarife und Arbeitsbedingungen autonom verhandeln. Diese Aufgabe gehen wir auch in der digitalen Arbeitswelt von morgen offensiv an. Wirklich gut gelingt das allerdings nur mit starker und möglichst flächendeckender Tarifbindung. Sie zu stärken ist eine unserer strategischen Schlüsselaufgaben.

Elementar beim Gestalten des Wandels: Wir bekennen uns als Industriegewerkschaft zum Schutz unserer natürlichen Umwelt und damit zur Zukunft der Menschheit. Diese existenzielle Herausforderung stellt sich mit dem fortschreitenden Klimawandel heute dringlicher denn je. Die IG Metall bekennt sich uneingeschränkt zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens. Und wir bekennen uns zum Ziel einer nachhaltigen und weitgehend dekarbonisierten Wirtschaft in Deutschland und Europa.

Gerade in vielen unserer Branchen ergibt sich daraus ein ungeheurer Druck, innovativ, nachhaltig, moderner und klimagerechter zu werden. Klimaschutz setzt unsere Industrien unter Veränderungsstress. Doch wir sehen auch die großen Chancen, die ein Umbau zu einer nachhaltigen, modernen Industrie für unser Land und unsere Betriebe bietet.

Wir fordern eine ökologische Transformation
Wir fordern eine ökologische Transformation, die beides zusammendenkt – den Schutz unserer natürlichen Umwelt und den Schutz der Beschäftigten als Bestandteil dieser Umwelt.

Dazu: Wir streiten weiter für eine gerechte globale Wirtschaftsordnung. Internationale Handelskriege und die nationalistischen Parolen unserer Zeit sind brandgefährlich. Auch und gerade in diesem Zeitalter eines zusammengewachsenen internationalen Markts halten wir die Werte des Friedens, der Abrüstung und Völkerverständigung hoch. Wir streiten weiter für ein geeintes, demokratisches und soziales Europa.

Und nach wie vor und mehr denn je kämpft die IG Metall für die Gleichstellung der Menschen und die Freiheit von Diskriminierung. Unabhängig von Geschlecht, sexueller Identität, Herkunft, Hautfarbe oder Religion sollen sich alle persönlich entfalten können. Unser Einsatz für eine gerechte Wirtschaftsordnung ist zugleich ein Engagement für die Gleichstellung, die Vielfalt und für eine offene Gesellschaft.

Wir fordern eine demokratische Transformation
Wir spüren heute in Europa genau das: Der Zusammenhalt unserer Gesellschaften ist durch Hass und Hetze von rechts bedroht; Feindseligkeiten gegen andere Gruppen, gegen vermeintlich Fremde oder andere Lebensformen nehmen zu. Dagegen stehen wir zusammen. Wir werden uns rechtspopulistischen, rechtsradikalen und nationalistischen Entwicklungen entgegenstellen: im Betrieb, auf der Straße, in der Gesellschaft. Deshalb: Wir fordern mehr Mitbestimmung, mehr Beteiligung, mehr Demokratie im Betrieb und in der Gesellschaft. Wir akzeptieren keine Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg – kurz: Wir fordern eine demokratische Transformation.

Wir können eine humanere Arbeitswelt schaffen, mithilfe neuer Technologien. Wir können den Welthandel fair regeln – mit einem Wettbewerb, der keine Regionen zerstört, der keine Dumping-Wettläufe um niedrige Löhne und schlechten Verbraucherschutz kennt. Wir können unsere Industrien sauber und nachhaltig aufstellen. Wir können unseren Sozialstaat sicher machen und fest an der Würde der Menschen ausrichten. Wir können den Wohlstand unserer Volkswirtschaften auch in der Transformation gerecht und fair verteilen über Tarifsysteme, Steuersysteme, soziale Sicherungssysteme und öffentliche Güter.

Wir können und wir werden diese Transformation in unserem Sinne gestalten: sozial, ökologisch, demokratisch.