Tarifabschluss sichert Beschäftigung, verbesserte Arbeitsbedingungen und mehr Zeit zum Leben
Hannover – Die Verhandlungskommissionen von IG Metall und Volkswagen Group Services GmbH sowie der Volkswagen Vertriebsbetreuungsgesellschaft mbH haben ein Verhandlungsergebnis erzielt. Das Tarifergebnis ist einerseits als Reaktion auf die Herausforderungen der Corona-Krise zu werten. Darüber hinaus konnte die IG Metall verbesserte Arbeitsbedingungen durchsetzen. Unter den neuen Tarifvertrag fallen rd. 8.000 Beschäftigte bei VW Group Services und rd. 1.100 Beschäftigte der VW Vertriebsbetreuungsgesellschaft.
„Der Abschluss zeigt, dass wir die Zukunft positiv gestalten können. Neben der Verschiebung der Entgeltrunden um 8 Monate enthalten beide Tarifergebnisse der Volkswagen-Töchter zukunftsweisende Neuerungen. Das bedeutet: Die IG Metall ist handlungsfähig – gerade auch in schwierigen Zeiten“, so die Einschätzung und Bewertung von IG Metall-Verhandlungsführer Thilo Reusch: „Die Neuerungen betreffen einerseits die zukünftige Gestaltung der persönlichen Leistungsbewertung sowie ein neues Sabbatical-Modell »Meine Auszeit«. Andererseits reagiert die IG Metall auf Anforderungen, die sich unmittelbar aus der Corona-Krise ergeben. So werden die tariflichen Regelungen zu den Freistellungszeiten bei Kindererziehung und Pflege dauerhaft verbessert. Zusätzlich soll es eine Aufzahlung des Unternehmens für Eltern geben, die bei Kita- oder Schulschließung nach dem Infektionsschutzgesetz einen staatlichen Entschädigungsanspruch haben. Und schließlich wird beim »Mobilen Arbeiten« unter bestimmten Voraussetzungen die Ruhezeit von 11 auf 9 Stunden verkürzt.“
Im Detail vereinbaren die Tarifvertragsparteien folgende Regelungen:
- ENTGELT: Die Entgelttabellen gelten weiter bis zum 31. Dezember 2020.
- LEISTUNGSORIENTIERTE VERGÜTUNG & PERSÖNLICHER LEISTUNGSBONUS: Zukünftig soll die „Zahlung“ nicht mehr von einer individuellen Leistungsbewertung abhängig gemacht werden. Mitarbeitergespräche sollen aber weiterhin stattfinden. Geplanter Beginn der Neuregelung: 1. Januar 2021
- MEINE AUSZEIT: Beschäftigte können sich im Sinne eines Sabbatical für max. 6 Monate freistellen lassen. In dieser Zeit erhalten sie 75 % ihres Bruttoentgelts. Die während der Freistellung entstandenen Minusstunden sind bei Wiederaufnahme der Arbeit mit 25 % Bruttomonatsentgelt zurückzuzahlen. Beispiel: 6 Monate Freistellung und anschließend 18 Monate volle Arbeitszeit mit Rückzahlungsverpflichtung. Der Vorteil: Beschäftigte können somit eine Auszeit nehmen, ohne vorher Zeit angespart zu haben. Start der Pilotphase: 1. Januar 2021
- KINDERBETREUUNG UND PFLEGE: Tariflicher Freistellungsanspruch für die Betreuung von Kindern bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (bisher 10. Lebensjahr). Fünf Freistellungen pro Kind und zu pflegendem Angehörigen sind möglich (bisher zwei).
- INFEKTIONSSCHUTZGESETZ: Für Eltern, die von staatlich angeordneten Schließungen außerhalb der Ferien betroffen und nicht in Kurzarbeit sind, sieht der Gesetzgeber eine Entschädigung von 67 % des Nettoeinkommens und max. 2.016 € für Kinder vor Vollendung des 12. Lebensjahres vor. Für diesen Fall wurde eine Aufzahlung mit den Arbeitgebern vereinbart. Voraussetzung ist, dass zunächst die betrieblich vorhandenen Freistellungsmöglichkeiten genutzt werden.
- MOBILES ARBEITEN: Die Ruhezeiten können von 11 auf 9 Stunden verkürzt werden. Dies gilt aber nur, wenn jede so verkürzte Ruhezeit an anderer Stelle innerhalb von 6 Monaten entsprechend verlängert wird und die Beschäftigten bei Ende und Beginn der Arbeitszeit mitbestimmen können.
- KURZE LAUFZEIT: Die Entgelttarifverträge beider Unternehmen können erstmals parallel zu denen der Metall- und Elektroindustrie und Volkswagen am 31. Dezember 2020 gekündigt werden.
„Da sich derzeit ein großer Teil der Beschäftigten aufgrund der Pandemie in Kurzarbeit befindet, vertagen wir die Diskussionen über eine angemessene Erhöhung der Entgelte auf das Jahresende. Trotzdem konnten wir einige Verbesserungen für die Belegschaften erzielen, die in der aktuellen Situation helfen, wie bei Kita- und Schulschließungen und zugleich dauerhaft wirken: Zum Beispiel durch mehr Selbstbestimmung in der Arbeitszeit über das innovative Sabbatical-Modell und die Ausweitung der Wandlungsmöglichkeiten beim tariflichen Zusatzgeld auf fünf Jahre. Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen deutlich, dass die Wandelungsoption 'Zeit statt Geld' enorm beliebt ist. Tausende Kolleginnen und Kollegen haben diese Möglichkeit bereits genutzt. Das erzielte Tarifergebnis kann deshalb als zukunftsweisend bezeichnet werden“, erläutern die Gesamtbetriebsratsvorsitzenden von Volkswagen Group Services und Volkswagen Vertriebsbetreuungsgesellschaft, Benjamin Stern und Kai Todorowski.